Rainer Aumann: "Meine Frau entscheidet, was ich trainiere"

Rainer Aumann gehört zu den erfolgreichsten Athlet*innen der deutschen Altersklassen-Nationalmannschaft der vergangenen Jahre. Wir haben mit ihm über Familienausflüge in die Berge, den Spagat zwischen Leistungssport und Familienleben und Besuche im Schnellrestaurant gesprochen.

Rainer Aumann
Rainer Aumann
Wenn man sich zu sehr einschränkt und kasteit, führt das zu nichts.
Rainer Aumann

Rainer, durch Corona hast du eine neue Sportart für dich entdeckt: Trail Running.

Wir (Rainer, seine Ehefrau und seine drei Kinder, die zwölf, zehn und acht Jahre alt sind, Anm. d. Red.) wohnen nicht weit von Bergen entfernt. Ins Allgäu nach Oberstdorf sind es nur rund 45 Minuten. Gefühlt waren wir jedes zweite Wochenende in den Bergen. Während meine Frau und meine Kinder gewandert sind, habe ich mir im Vorjahr oftmals eine größere Runde gesucht, bin diese gerannt und wir haben uns auf dem Gipfel getroffen.

Sport ist bei euch also Familiensache.

Meine Frau Simone ist auch Triathletin, wir haben uns 2007 bei den Ironman-Weltmeisterschaften auf Hawaii kennengelernt. Sie ist damals Vize-Weltmeisterin in ihrer Altersklasse geworden, hat wegen der Kinder aber im Sport etwas zurückstecken müssen. Sie hat beim TV Dettingen/Iller vor vielen Jahren eine Trainingsgruppe für Kinder initiiert. Ich unterstütze sie beim Training.

Eure Kinder sind in der Trainingsgruppe auch dabei. Sie hatten da keine große Wahl, oder?

(lacht) Mehr oder weniger. Wir machen ihnen da aber keinen Druck.

Was bedeutet es dir, dass die ganze Familie so sportlich ist?

Mir gibt es viel und es macht mir auch sehr viel Spaß. Wir haben seit zwei Jahren ein Wohnmobil, im vergangenen Jahr waren wir damit vier Wochen in Norwegen. Wir hatten die Wanderschuhe und die Räder dabei. Ein klassischer Strandurlaub ist nichts für uns, das sehen auch unsere Kinder so. Wir sind generell viel draußen. Wir sind eher die Outdoormenschen.

Welchen Einfluss haben Kinder auf die sportlichen Ambitionen?

Als die Kinder klein waren, hatte ich noch viele Freiräume. Das hat sich geändert. Aber meine Einstellung ist auch nicht mehr so verbissen wie früher. Ich muss nicht mehr drei, vier oder fünf Stunden auf dem Rad sitzen. Meine Frau schreibt meinen Trainingsplan. Sie entscheidet also, was ich mache - und ich muss kein schlechtes Gewissen haben.

Ich versuche, bestmöglich Rücksicht auf die Familie zu nehmen. Ich trainiere so oft wie möglich morgens vor der Arbeit oder in der Mittagspause. Bis zu meiner Arbeitsstelle sind es 40 Kilometer. Das fahre ich öfter mit dem Rad. Abends habe ich dann Zeit für die Familie.

Hast du manchmal ein schlechtes Gefühl, weil deine Frau mehr zurückstecken muss?

Als die Kinder klein waren, hat sie bewusst weniger gemacht. Ihr war es gleichzeitig ein Anliegen, dass ich weiterhin leistungsmäßig bei Wettkämpfen starte. Je älter die Kinder werden, desto öfter können wir nun wieder zusammen etwas machen. Dieses Jahr sind wir schon dreimal zusammen Rad gefahren. Und sie läuft öfter mal mit den Kindern. Oder ich nehme unseren Ältesten mal auf eine Laufrunde mit.

Meine Wettkämpfe richten sich nach unserem Urlaub und den Reisezielen. Wir entscheiden gemeinsam, wo es hingeht und ob sich das mit internationalen Meisterschaften kombinieren lässt. Ich bestehe nicht auf irgendwelchen Wettkämpfen, nur weil mir da noch ein Titel fehlt. Ich würde sicherlich nie für eine WM ohne die Familie nach Australien fliegen.

Obwohl du der Familie viel Zeit einräumst, bist du im Triathlon sehr erfolgreich. Wie gelingt dir das?

Ich glaube, es macht viel aus, dass ich schon seit über zwei Jahrzehnten dabei bin. Wenn man über Jahre jeden Tag ein- bis zweimal trainiert, dann hat man einfach ein gewisses Level. Und wichtig sind natürlich auch viele kleine Stellschrauben: Ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung, ein gutes Umfeld, dass die Familie dahinter steht.

Wie schwierig ist es als Familienvater genügend Schlaf zu bekommen und sich gesund zu ernähren?

Als die Kinder noch klein waren, gab es natürlich mal Nächte mit weniger Schlaf. Die Folgen waren natürlich auch Tage, an denen ich nicht so gut trainiert habe. Das darf man dann einfach nicht so verbissen sehen. Das Gleiche gilt für die Ernährung. Wenn man sich da zu sehr einschränkt und kasteit, führt das zu nichts. Wenn wir als Belohnung für die Kinder mal zu einem Schnellrestaurant gehen, esse ich auch einen Burger. Vielleicht lasse ich dann die Pommes weg.

Was bedeuten dir Erfolge?

Wenn ich an der Startlinie stehe, möchte ich vorne dabei sein. Training macht mir auch Spaß, aber ich bin einer, der sich auch mit anderen Athleten messen möchte. Ähnlich wie auch Udo van Stevendaal oder Hendrik Becker.

Auch aufgrund von Corona werden die Massenstarts ja immer weniger. Aber ich liebe dieses: Peng. Und 200 Leute stürmen los. Ich will nicht nach dem Zieleinlauf erfahren, auf welchem Platz ich gelandet bin, weil Konkurrenten fünf Minuten vor oder nach mir gestartet sind. Ich will am Wendepunkt sehen: da vorne ist noch einer.

Du warst dreimal bei der Ironman-WM auf Hawaii, hast einige Medaillen bei internationalen Meisterschaften im Altersklassen-Bereich gewonnen. Welche Ziele hast du noch?

Ich muss nicht unbedingt noch einmal Altersklassen-Weltmeister werden (Rainer siegte 2015 bei der Langdistanz-WM, Anm. d. Red.). Es wäre natürlich schön, wenn es klappt. Und ein Top-5-Ergebnis bei einer Ironman-70.3-WM wäre toll. Und in zehn, 15 oder 20 Jahren mal zusammen mit einem meiner Kinder auf Hawaii zu starten, falls sie das anstreben, wäre ein Traum.

Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.