„In der Endabrechnung nur Höhen“

Für die Para-Triathlet*innen der Deutschen Triathlon Union (DTU) war die vergangene Saison eine erfolgreiche. Drei Medaillen bei Weltmeisterschaften und gleich drei Europameister-Titel brachten sie mit nach Hause. Wir haben mit Tom Kosmehl auf die Saison 2019 zurückgeblickt, die erste, seit er im Frühjahr 2019 erneut Para-Triathlon-Bundestrainer geworden ist.

Max Gelhaar beim laufen.
Sportlich gesehen gab es in der Endabrechnung nur Höhen, wenn es zwischendurch auch immer wieder mal holprig war.
Tom Kosmehl

Tom, nach einer einjährigen Pause bist du 2019 wieder in das Amt des Bundestrainers Para Triathlon zurückgekehrt. Wie fällt dein Fazit mit Blick auf die vergangene Saison aus?

Sehr positiv, auch wenn der Einstieg zeitlich nicht perfekt war, dadurch, dass ich erst im Frühjahr wieder dazugestoßen bin.

Sportlich gesehen gab es in der Endabrechnung nur Höhen, wenn es zwischendurch auch immer wieder mal holprig war. Zum Beispiel bei Christiane Reppe, die aufgrund ihrer Ranglistenposition bei vielen Wettkämpfen nicht auf die Startliste kam. Oder bei Benjamin Lenatz, der super in die Saison gestartet ist und dann kurz vor der WM krank wurde, so dass er bei den wichtigen Rennen, bei denen es auch ordentlich Punkte gab, seine Leistung nicht abrufen konnte.

Aber am Ende konnte Christiane bei den Wettkämpfen, bei denen sie starten durfte, auftrumpfen (Sie hat WM-Silber und EM-Gold gewonnen, Anm. d. Red.) und arbeitet sich im Paralympics-Ranking jetzt peu à peu nach vorn. Und Benni stand im Oktober noch zweimal bei Para-Triathlon-Weltcups auf dem Podium.

Und dann natürlich Martin Schulz, unser absoluter Vorzeige-Para-Triathlet, der in dieser Saison Vizeweltmeister geworden ist und seinen achten Europameistertitel in Folge gewonnen hat. Da gibt es auch aus anderen Sportarten nicht viele, die da mithalten können. Er ist immer noch motiviert und will nächstes Jahr in Tokio seinen Titel verteidigen.

Was mich außerdem positiv gestimmt hat, war der Einstieg von Elke van Engelen. Ihr wurde krankheitsbedingt vor einigen Jahr ein Bein amputiert. Durch den Sport hat sie schnell wieder zurück gefunden. Sie ist total positiv eingestellt, hat viel Freude am Sport und wittert nach ihrer Medaille bei der WM jetzt natürlich auch Morgenluft. Sie hat durchaus das Ziel Paralympics noch im Blick, im Ranking ist sie auch nicht so weit weg von der Qualifikation. Sie hat im vergangenen Jahr vor allem im Schwimmen super Leistungssprünge gemacht, in der Disziplin, wo es wirklich am schwersten ist.

Wer hat dich in der vergangenen Saison am meisten beeindruckt?

Das war definitiv Christiane, gar keine Frage. Wie sie mit ihrem positiven Auftreten und der professionellen Einstellung so schnell den Einstieg geschafft hat, war schon beeindruckend. Sie hat im Oktober 2018 in Funchal ihren ersten Triathlon gemacht, saß zwei Stunden vor dem Rennen das erste Mal in einem Rennrollstuhl und hat auf dem Hotelflur fahren geübt. Und gewinnt das Ding dann auch noch gleich. Das ist schon eine tolle Entwicklung und bemerkenswert, was sie in der Saison hingelegt hat.

Was war dein persönliches Highlight in der Saison?

Das waren die drei EM-Titel in Valencia. Die WM zwei Wochen zuvor in Lausanne mit drei Medaillen war auch schon gut, aber Valencia hat das nochmal getoppt und das trotz wirklich schwieriger Bedingungen. Solche Siegerehrungen machen besonders Spaß.

Ansonsten gab es noch einige, ich sag mal, „interessante“ Momente in der Saison: durch Witterungsbedingungen gab es ja bei diversen Wettkämpfen noch kurzfristige Änderungen und das „Highlight“ war da natürlich das Testevent in Tokio: da habe ich nachts um 4 Uhr erfahren, dass es ein Duathlon wird, mit veränderten Startzeiten.

Haben sich deine Erwartungen für die Saison erfüllt?

Meine Erwartungen wurden übererfüllt. Wir haben zwei WM-Medaillen als Ziel ausgegeben, am Ende wurden es sogar drei. Daher kann man alles andere als unzufrieden sein.

Natürlich muss ich aber auch ein bisschen weiter schauen. Mit meiner Einstellung als Bundestrainer wird natürlich auch darauf geschaut, dass nachhaltige Strukturen geschaffen werden. Das ist neben dem sportlichen Erfolg ein sehr wichtiger Aspekt. Die Talente im Para Triathlon fallen nicht vom Himmel.

Was konntest du denn in dieser Hinsicht bereits anstoßen?

Ich arbeite da mit Thomas (Moeller, DTU Bundestrainer Nachwuchs, Anm. d. Red.) und Steffen (Justus, DTU Bundestrainer Sichtung, Anm. d. Red.) eng zusammen und tausche mich aus. Der erste Meilenstein der Zusammenarbeit war das gemeinsame Trainingslager in Kienbaum, wo wir mit acht Para-Athleten teilgenommen haben, darunter auch zwei Nachwuchssportlern.

Inwiefern hat sich die Integration des Para Triathlon in die DTU positiv auf deine Arbeit ausgewirkt?

Die Athleten profitieren davon. Beispielsweise haben wir es dadurch Elke van Engelen ermöglichen können, dass sie einmal pro Woche am Landesstützpunkt in Essen Schwimmtraining absolvieren kann. Dadurch hat sie im Schwimmen enorme Leistungssprünge gemacht und entwickelt sich immer weiter.

Andererseits ist es auch schön, dass wir Athleten oder Einsteigern, die sich bei mir melden, an Triathlonvereine innerhalb der DTU vermitteln können. In den Vereinen merkt man die Offenheit der Trainer, die sich der Sache annehmen.

Ich durfte auch bei zwei Trainerausbildungen Module zum Para Triathlon halten. Und man merkt allein an der Menge und Art der Nachfragen, wie präsent das Thema mittlerweile auch bei den Trainern ist.

Mit was für Erwartungen gehst du in das Jahr 2020?

2020 ist ein paralympisches Jahr und in Tokio wollen wir definitiv eine Medaille gewinnen. Ich will mich nicht an der Goldmedaille festhalten, aber eine Medaille soll es werden.

Davon abgesehen möchte ich auch noch den einen oder anderen Nachwuchssportler an die internationalen Wettkämpfe heranführen und dort starten lassen, auch in Startklassen, die derzeit nicht paralympisch sind.