Jonas Osterholt, der Etappenjäger
Ich war eben auch kein Ausnahmetalent, das mal den DTU-Jugendcup gewonnen hat
Zum Europacup ins polnische Olsztyn ist Jonas Osterholt (Saarbrücken) im vergangenen August mit dem Ziel Top-acht-Platzierung gereist. Das wäre schon seine beste Platzierung in einem internationalen Elite-Wettkämpf gewesen. Beim Radfahren in Olsztyn versuchte Jonas Kraft zu sparen. Schließlich war er sich sicher, dass einige seiner Konkurrenten bessere Läufer sind. Als es dann auf die Laufstrecke ging, gab es keine besseren Läufer. Jonas befand sich zusammen mit Tim Siepmann auf den Plätzen zwei und drei – hinter dem schon beim Radfahren führenden Österreicher Leon Pauger. „Ich war schon überrascht, dass uns keiner mehr folgen konnte“, erinnert sich Jonas. Er belegte schließlich Rang drei hinter Pauger und Siepmann. Und stand somit erstmals in einem Europacuprennen auf dem Podium. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagte der 20-Jährige.
Jonas hat somit in einem Jahr, das wohl viele Sportler*innen weltweit aufgrund weniger Wettkämpfe als ein verlorenes bezeichnen würden, einen weiteren Entwicklungsschritt gemacht. Einen weiteren Entwicklungsschritt, der so nicht unbedingt vorgesehen war. Zumindest, wenn man ein paar Jahren zurückschaut.
Denn Jonas – und auch sein Zwillingsbruder Cedric – sind, wie Jonas das so schön ausdrückt, „eigentlich in den Leistungssport hereingeschlittert“. Sie haben Triathlon über Jahre aus Spaß betrieben, nicht mit dem Ziel, Profi zu werden. Sie gingen auf keine Sportschule, das Training musste irgendwie um die Schule herumgeplant werden (nicht andersherum). Trainiert haben Cedric und Jonas oftmals zu zweit. Sie waren zwar erfolgreich, es gab eine stringente Entwicklung, Jonas gehörte 2018 bereits dem Nachwuchskader 1 der Deutschen Triathlon Union (DTU) an. „Aber ich war eben auch kein Ausnahmetalent, das mal den DTU-Jugendcup gewonnen hat“, sagt Jonas: „Es gab immer Athleten in meinem Jahrgang, die besser waren.“
Die Entwicklung erfolgte stufenweise. Somit taten sich auch stufenweise neue Möglichkeiten auf: NRW-Kader, Teilnahme am DTU-Jugendcup, Teilnahme an deutschen Meisterschaften, DTU-Kader, erste internationale Starts. Nach dem Abitur mussten sie sich dann entscheiden. So weiter machen („Dann wären wir heute vermutlich keine leistungsorientierten Triathleten mehr“). Oder an einen Stützpunkt gehen. Sie entschieden sich für den Stützpunkt in Saarbrücken. Im Herbst2018 war das. „Wenn man das Bestmögliche aus sich herausholen will, muss man solch einen Schritt wagen“, sagt Jonas.
Wenn er über die vergangenen zweieinhalb Jahre in Saarbrücken erzählt, dann merkt man ihm an, wie froh er ist, diesen Weg gegangen zu sein. Er spricht dann nicht nur darüber, wie toll es ist, nun professionelle Trainingsbedingungen zu haben. Er spricht auch darüber, wie wohl er sich in der großen Trainingsgruppe fühlt. Und er spricht davon, wie viel er von erfahrenen Trainern und erfahreneren Athlet*innen lernen kann.
Und er hat ja weiterhin Entwicklungsstufe um Entwicklungsstufe erklommen. 2019 nahm er an der Junioren-EM teil. Im Einzelrennen lief es so lala. Mit Rang 22 war er nicht zufrieden. Mit dem Team gewann er dann jedoch die Goldmedaille im Mixed Relay - neben jenem dritten Rang in Olsztyn sein bisheriges Karrierehighlight. Die Qualifikation für die Junioren-WM im selben Jahr verpasste er zwar ganz knapp. Aber was in einer sportlichen Karriere wirklich zählt, ist im Endeffekt ja das Abschneiden im Elitebereich.
Jonas blickt realistisch auf seine weitere Karriere. Er weiß, dass eine Verletzung oder ein schlechtes Jahr alle Hoffnungen zerstören können. Er weiß, dass es viele junge Talente gibt, die große Ziele haben. Er trainiert aber auch jeden Tag mit Athleten zusammen, die schon ein paar Schritte weiter sind als er. Er weiß also, dass es möglich ist, mal bei Weltcups, Rennen der World Triathlon Championship Series (vormals WTS) und bei Olympischen Spielen zu starten.
Er lebt also einen Traum, den er noch vor ein paar Jahren fast nicht zu träumen gewagt hätte.