Simon Henseleit: Der, der sich nicht unterkriegen lässt
Viele junge Sportler in seiner Situation wären wohl trotzdem beim Skifahren geblieben. Die Erfolge sprachen dafür. Doch da war ja noch Simons Talent für eine andere Sportart: den Triathlon. Triathlon begann er auch schon sehr früh, mit sieben Jahren. Animiert von seinem Taufpaten. Im Triathlon hatte er als Jugendlicher jedoch weniger Erfolg als im Skifahren. Dafür aber mehr Spaß, mehr Freunde, weniger Stress.
könnte heute auch ein professioneller Skifahrer sein. Der 20-Jährige begann früh mit dem Sport. Er wuchs in Steingaden im Allgäu auf. Der Nachbarort hatte eine Piste samt Lift. Es gab Winter, da stand der kleine Simon von Mitte November bis Mitte März jeden Tag auf der Piste. Er startete bei regionalen Wettkämpfen, dann bei Wettbewerben auf Landesebene, schließlich im Deutschland-Cup, vergleichbar mit dem DTU-Jugendcup im Triathlon. Mit Erfolg. Im Deutschland-Cup belegte er in einem Jahr Rang vier in seiner Altersklasse.
Aber das Hinarbeiten auf eine Karriere als professioneller Skifahrer bedeutete ab einem gewissen Alter auch, sich jeden Tag von seiner Mutter von der Schule abholen und nach Garmisch zum Training fahren zu lassen. Es bedeutete auch, im Auto zu Mittag zu essen und Hausaufgaben zu machen. Es bedeutete auch, dass sich im Alter von zehn, elf, zwölf Jahren nicht alles, aber sehr, sehr viel um das Skifahren drehte.
Viele junge Sportler in seiner Situation wären wohl trotzdem beim Skifahren geblieben. Die Erfolge sprachen dafür. Doch da war ja noch Simons Talent für eine andere Sportart: den Triathlon. Triathlon begann er auch schon sehr früh, mit sieben Jahren. Animiert von seinem Taufpaten. Im Triathlon hatte er als Jugendlicher jedoch weniger Erfolg als im Skifahren. Dafür aber mehr Spaß, mehr Freunde, weniger Stress.
Die Entscheidung zugunsten des Triathlons, die er als 13-Jähriger traf, hat Simon nie bereut. „Ich wurde am Anfang nicht unbedingt vom Erfolg verwöhnt. Aber ich habe Triathlon nicht wegen des Erfolgs gemacht, sondern weil es mir Spaß macht und mich hier von Anfang an der Ehrgeiz gepackt hat“, sagt er. Dass er – im Gegensatz zum Skifahren – auf bayrischer Ebene nicht zu den Besten seines Jahrgangs gehörte, hat ihn angespornt. „Ich hatte immer das Gefühl, wenn ich mir Zeit gebe, kann ich mich gut entwickeln.“
Und diese Zeit, die sollte er auch benötigen – wenn auch nicht ganz so, wie er sich das vorgestellt hatte. Denn seine Jugendzeit (männliche Jugend B und A) prägten neben wenigen sportlichen Höhepunkten (Rang vier bei der DM in der Jugend B 2015) vor allem Verletzungen. Überlastungserscheinungen, Probleme mit Knochenödemen und als negativer Höhepunkt der Bruch des linken Schienbeins beim DTU-Jugendcup in Forst 2017.
Es hat schon (junge) Athlet*innen gegeben, die nach dem x-ten Rückschlag aufgegeben haben. Die keine Lust mehr hatten, sich zum x-ten Mal zurück zu kämpfen, weiterhin einen Teil ihrer Jugend für den Sport zu opfern. Auch für Simon waren es schwierige Jahre: „Ich war aber nie an dem Punkt, an dem ich gedacht habe, ich höre auf. Die Verletzungen waren natürlich immer ein Drama, aber ich bin nie in ein riesen Loch gefallen. Ich habe mir immer schnell die Frage gestellt: Wie komme ich wieder zurück?“
Vielleicht war es ein Vorteil, dass Simon den Sport zu diesem Zeitpunkt zwar engagiert und ambitioniert betrieben hat. Aber für ihn stand stets der Spaß am Sport im Vordergrund. Diese Fokussierung auf den richtigen Leistungssport kam bei ihm erst später. „Ich habe damals nicht gesagt: Ich will Profi werden. Wäre das so gewesen, wären die Verletzungen viel enttäuschender für mich gewesen.“
Der Wandel vom ambitionierten Nachwuchssportler zum leistungsorientierten Profiathleten setzte ab Mitte 2018 ein. Nach dem Abitur konzentrierte sich Simon ein Jahr auf den Sport, konnte viel effektiver trainieren. Mit einem langfristigen Formaufbau über Monate gelang es ihm vor allem, seine Rückstände im Laufen aufzuholen: „Da hat sich Laufen zum ersten Mal in meiner Triathlonkarriere wie Fliegen angefühlt“, erzählt er. Die Rückstände hatte Simon seit Jahren gehabt. Sie stammten aus der Zeit, in der er noch Triathlon und Skifahren trainierte und das Lauftraining vernachlässigte.
Dann kam 2019. Und damit das Jahr, in dem Simon zum ersten Mal so richtig in Wettkämpfen zeigen konnte, was in ihm steckte: Er nahm an Junioren-EM (Siebter) und –WM (Zehnter) teil, gewann mit der Deutschen Staffel den Junioren-EM-Titel im Mixed Relay, holte sich den Titel des Deutschen Juniorenmeisters, belegte in der U23 Rang drei, schaffte in zwei Rennen der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga ein Top-Ten-Ergebnis und siegte im Juniorenrennen bei der Super League auf Jersey.
Eigentlich immer, wenn es im vergangenen Jahr darauf ankam, rief er seine Leistung ab. Man könnte das Killerinstinkt nennen. Simon beschreibt es lieber so: „Es kommt im Leistungssport auf wenige Tage im Jahr an, an denen man Leistung zeigen muss. Gut ist, wer das Talent hat, das zu können.“ Viele Sportler mit diesen Erfolgen wie Simon 2019 würden hinter das Jahr wohl ein riesiges Plus setzen. Simon aber sagt: „Es hätte definitiv viel schlechter laufen könne. Es hätte aber auch an einigen Stellen noch besser laufen können.“ Klingt eher wie ein großes Plus und ein kleines Minus. Es ist vor allem ein Satz, der viel aussagt über den Charakter und die Einstellung von Simon Henseleit und zeigt, wie ehrgeizig er ist.
Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.