„Ist cool, mal keinen vorgegebenen Plan zu haben“
Es ist auch mal ganz cool, spontan zu entscheiden, was man machen will und keinen vorgegebenen Plan zu haben. Die zwei, drei Wochen macht man das, worauf man morgens Lust hat.
Lasse Lührs (Alicante) hat eine Saison mit Höhen und Tiefen hinter sich. Im Interview spricht der 23-Jährige über seine Qualitäten als Fußballer, erzählt, wann im Leben eines Triathletens mal Zeit ist, dass du machen, worauf man gerade Lust hat und berichtet, wie ihn sein Sturz beim Olympischen Testevent in Tokio mitgenommen hat.
Lasse, deine Saison ist mit einem zwölften Platz beim Weltcuprennen in Weihai (China) zu Ende gegangen. Jetzt bist du zur Erholung ein paar Tage in Deutschland. Wie gut tut so eine Saisonpause?
Es ist ganz gut, mal ein bisschen Abstand zu gewinnen. Die letzten Rennen waren nicht ganz einfach. Da ist es jetzt schon eine Erleichterung, mal ein bisschen was anders zu machen.
Was macht man denn dann zum Beispiel?
Natürlich ist jetzt auch die Zeit, die man nutzt, um ein bisschen mehr zu studieren. Ich mache in der Saisonpause auch gerne anderen Sport, gehe kicken oder klettern. Ich bin also aktiv, ohne Triathlon (lacht). Ich mache in der Pause das, wozu ich Lust habe.
Bist du ein passabler Fußballer?
Ich weiß es nicht (lacht). Mit Sicherheit nicht gut, aber für einen Triathleten gar nicht so schlecht (lacht). Für das eine oder andere Tor reicht es jedenfalls immer.
Normalerweise hast du als Leistungssportler ein sehr durchgeplantes Leben mit Training und Wettkämpfen. Gelingt es dir, dieses Geregelte in der Saisonpause abzulegen und einfach das zu machen, worauf du Lust hast?
Es ist auch mal ganz cool, spontan zu entscheiden, was man machen will und keinen vorgegebenen Plan zu haben. Die zwei, drei Wochen macht man das, worauf man morgens Lust hat.
Ist es eigentlich schwer, danach wieder den Schalter umzulegen?
Für mich gar nicht. Ich merke schon oft nach der Hälfte der Pause, dass ich schon wieder Lust habe zu trainieren.
Du hast dein BWL-Studium angesprochen. Wie schwierig ist es, während Saison zu studieren?
In der Trainingsphase fällt es mir relativ leicht. Auch wenn wir viel trainieren, finde ich die Zeit, um eins, zwei Stunden am Tag was zu machen. Schwer ist es, wenn man viel unterwegs ist, mal eine Woche da, eine Woche hier ist. Da fällt es mir schwer, die Zeit zu nehmen und vernünftig zu studieren.
Wie wichtig ist das Studium als Ausgleich für den Kopf?
Mir ist es schon wichtig, durch das Studium den Kopf auch mal für etwas anderes zu benutzen, als nur für den Sport.
Du hast eine Saison hinter dir mit vielen Höhen und Tiefen.
Das kann man sagen. Ich hatte zwei, drei Rennen, in denen ich mich im Vergleich zu den Rennen in der letzten Saison deutlich steigern konnte und einige Wettkämpfe, in denen die Leistung nicht so gut war, wie ich mir das erhofft hatte.
An was lag es, dass es so viele Aufs und Abs gab?
Ich bin noch ein junger Athlet und muss noch viel lernen. Die Saison war auf das Olympische Testevent in Tokio ausgelegt. Dass es dort nicht so gelaufen ist, wie erhofft, war natürlich sehr schade (Lührs stürzte beim Radfahren, Anm. d. Red.). Danach konnte ich aufgrund der Folgen des Sturzes nicht so gut trainieren und habe es nicht geschafft, die Form von Tokio nochmal zu erreichen.
Beim WTS-Rennen in Hamburg, dem Rennen vor Tokio, bist du 14. geworden. Das hat ja eigentlich gezeigt, dass die Form im Blick auf Tokio sehr gut war.
Ich habe mich gut gefühlt auf dem Rad in Tokio. Die Form war gut. Es wäre ein sehr spannendes Rennen um das Olympiaticket geworden. Schade, dass es nicht geklappt hat.
Wie bitter ist es, wegen eines Sturzes um die Chance gebracht zu werden?
Wenn man Pech hat, ist es schwerer zu verkraften, als wenn man einfach nicht mithalten konnte. Die ersten eins, zwei Wochen nach Tokio war es für mich schwierig, das mental zu verkraften. Es ging ja nicht nur darum, ein gutes Rennen zu zeigen, sondern eben auch um ein Olympiaticket. Aber noch gibt es ein zweites Olympiaticket (das wird im kommenden Jahr bei einem internen Mixed-Relay-Test vergeben, Anm. d. Red.), noch besteht die Chance. Und irgendwo ist Olympia auch nicht alles. Trotzdem geht das Leben weiter, es gibt noch andere Rennen.
Und dann blickt man einfach nach vorne?
Es fiel mir schon schwer, mich wieder zu motivieren. Aber es gibt noch eine Chance auf Olympia. Und wenn es nicht klappen sollte: In vier Jahren gibt es wieder Olympische Spiele.
Richtest du 2020 alles auf das eine Rennen aus?
Alles auf den Qualifikationstest auszurichten, ist schwierig, da das Wettkampfformat sich schon deutlich von dem eines Triathlons über die Olympische Distanz unterscheidet. Und die restlichen Wettkämpfe in der Saison sind nun mal größtenteils keine Supersprints. Aber die Saison wird schon auf das Rennen ausgelegt sein. Das Ziel ist ja weiterhin die Olympia-Qualifikation.
Dein Ziel ist es langfristig, unter die Top Ten in der Gesamtwertung der World Triathlon Series (WTS) zu kommen. In welchen Bereichen musst du dich dafür noch weiterentwickeln?
Überall. Überall fehlt mir noch ein Stück, um ganz vorne mit dabei zu sein. Die letzten Jahre hat man jedoch gesehen, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht.
Geht es auch darum, noch selbstbewusster und kaltschnäuziger zu werden?
Was automatisch kommen wird, ist die Erfahrung. Klar, wenn du überall Wettkämpfe gewinnst oder dich vorne platzierst, dann steigt das Selbstvertrauen automatsch. Aber es geht vor allem darum, sich auf der körperlichen Schiene noch weiterzuentwickeln, einfach noch ein bisschen schneller zu werden.
Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.