"Ich habe gelernt, mich durchzusetzen"

Lasse Priester-Nygaard (Saarbrücken) feiert im März dieses Jahres nach rund eineinhalbjähriger Verletzungspause sein Comeback mit einem Sieg und einem zweiten Platz bei zwei Continental-Cup-Rennen in den USA. Er gewann das Rennen in Clermont und musste sich eine Woche später in Sarasota-Bradenton nur einem Konkurrenten geschlagen geben. Im Interview spricht der 23-Jährige über Ängste und Träume, Rückschläge und Comebacks sowie positive und negative Seiten von Auszeiten aus dem Leistungssport.

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Für mich ist es wichtiger, über einen längeren Zeitraum konstant auf hohem Niveau zu trainieren als durch die Welt zu fliegen und alle Rennen mitzunehmen.
Lasse Priester

Lasse, wie fühlt es sich an, wieder Rennen zu bestreiten?

Ich habe mich total gefreut. Es war ja das Ziel, auf das ich die ganze Zeit hingearbeitet habe. Training ist schön. Aber Rennen sind das, weswegen ich den Sport betreibe. Ich war aber auch nervös, weil ich wusste, dass viel von einem guten Start abhängt.

Dein Start ist dir mit einem zweiten und einem ersten Platz geglückt. Hast du mit solch einem starken Comeback gerechnet?

Ich hatte hohe Erwartungen, aber ich habe nicht mit zwei Podestplätzen gerechnet. Ich stand vorher schließlich noch nie bei Continental-Cup-Rennen auf dem Podium. Mein letzter Sieg ist lange her, weil ich so lange verletzt war. Es ist ein tolles Gefühl, das Zielbanner als Sieger in die Hand zu nehmen.

Du hattest 2016 und 2017 jeweils eine Operation an der Achillessehne. Wie schwer waren die vergangenen zweieinhalb Jahre?

Es ist schwierig, zu Hause zu sitzen, wenn deine Trainingskollegen zu Wettkämpfen fahren. Jungs, mit denen ich mithalten konnte und die ich zum Teil schon geschlagen habe, haben sich immer weiterentwickelt. Der Rückstand ist immer größer geworden. Aber mein Ziel war immer, wieder aufzuschließen, weil ich wusste, dass ich mindestens genauso gut bin.

Hast du in dieser Zeit über ein Karriereende nachgedacht?

Nicht wirklich, weil ich immer daran geglaubt habe, dass mein Körper es noch kann. Wenn ich vor zweieinhalb Jahren allerdings gewusst hätte, dass es zweieinhalb Jahre dauert, dann weiß ich nicht, ob ich es so durchgezogen hätte.

Wer oder was hilft einem in solche schwierigen Phasen?

Alle, die an mich geglaubt haben: Eltern, Freunde, meine Freundin. Sie hätten alle auch Verständnis gehabt, wenn ich aufgehört hätte.

Deine Freundin kommt nicht aus dem Triathlon. Hat dir das geholfen?

Wir haben uns kurz nach der zweiten Operation kennengelernt, als ich noch auf Krücken gelaufen bin. Sie kannte sich im Triathlon überhaupt nicht aus. Es ist gut, wenn der Sport nicht immer Thema ist und man nach dem Training nicht erst noch Stunden darüber spricht, ob die Leistung im Training gut war oder nicht.

Hat solch eine schwere Verletzung auch ihre guten Seiten?

Ja, man entwickelt viel mehr Verständnis für seinen Körper, geht viel sensibler mit ihm um. Man versucht, eine positive Haltung zu seinem Körper zu bekommen. Das ist eine sehr spannende Entwicklung.

Hast du Angst, dich erneut an der Achillessehne zu verletzen?

Ja, es wäre gelogen, wenn nicht. Aber das Vertrauen in den Körper wird immer größer. Zu Beginn war ich nach jedem Lauf froh, dass es gut geklappt hat. Mit der Zeit entwickelt sich wieder Vertrauen und man denkt nicht mehr an die Achillessehne.

Entwickelt man sich in solch einer Phase als Mensch weiter?

Ich traue mich nun viel mehr zu sagen, was ich möchte und was ich nicht möchte. Ich habe also gelernt, mich durchzusetzen, wenn mir etwas wichtig ist. Zuvor habe ich oft andere Leute entscheiden lassen. Das hilft einem auch über den Sport hinaus weiter. Das ist aber sicherlich ein normaler Reifeprozess, den ich vielleicht auch ohne die Verletzung gemacht hätte.

Hat dir der Abstand zum Leistungssport auch mal gut getan?

Ich sehe den Leistungssport nun entspannter und distanzierter, weiß es mehr zu schätzen, wenn etwas klappt beziehungsweise wenn ich erfolgreich bin. Es war sicherlich richtig, dass ich mich nach der Operation nicht gleich voll in das Training gestürzt habe. Dann wäre ich jetzt vielleicht völlig erschöpft und hätte nicht die Lust am Triathlon, die ich derzeit habe.

Welche Ziele hast du für 2019?

Für mich ist es wichtiger, über einen längeren Zeitraum konstant auf hohem Niveau zu trainieren als durch die Welt zu fliegen und alle Rennen mitzunehmen. Das Ziel ist es natürlich trotzdem, sich im Weltcup zu beweisen.

Im kommenden Jahr finden Olympische Spiele statt. Tokio war dein Ziel. Ist dem nun noch immer so?

Es wäre vermessen zu sagen, dass es ein realistisches Ziel ist. Mein großes Ziel ist es erst einmal wieder, regelmäßig Wettkämpfe machen zu können - und dann 2024 in Paris dabei zu sein.