"Möchte auf den Moment vorbereitet sein, wenn ich nicht mehr besser werde"

Jens Köhler ist erst seit rund zwei Jahren Triathlet. Das hat den Vorteil, dass er auch mit Mitte 50 noch besser wird. Wir haben mit ihm über die Angst vor der Grenze der Leistungsfähigkeit gesprochen, er hat uns verraten, was er an einer 62-jährigen Japanerin bewundert und er hat uns erzählt, warum er nie den direkten Weg zur Arbeit nimmt.

Jens Köhler
Ich versuche, nicht zu enttäuscht zu sein. Vielleicht ist das aber auch ein Selbstschutz. Wer zu viel von sich erwartet, wird leichter enttäuscht.
Jens Köhler

Jens, wie fühlt es sich an, mit Mitte 50 immer noch besser zu werden?

Sehr gut. Ich habe aber auch schon Momente erlebt, in denen es nicht mehr voran ging. Dann muss man Wege und Ideen finden, um seine Grenzen wieder zu verschieben.

Kannst du uns ein Beispiel nennen?

Ich habe für 10 Kilometer immer 52, 53 Minuten benötigt, egal, was ich gemacht habe. Dann habe ich in einer Triathlonzeitschrift einen Artikel über Lauftechniken gelesen. Dort stand, man solle kleine, schnelle Schritte machen. Ich selbst habe immer versucht, möglichst große Schritte zu machen. Ich habe den Tipp ausprobiert und war drei Minuten schneller über 10 Kilometer. Später habe ich mich dann noch einmal um zwei Minuten verbessert. Inzwischen kann ich locker unter 50 Minuten laufen. Solche Erfolgserlebnisse spornen einen natürlich an, was jedoch unabhängig vom Alter ist.

Hast du in deiner Triathlonzeit mal richtige Rückschläge erlebt?

Nein, Leistungseinbrüche hatte ich bisher noch nicht.

Fühlt es sich ein bisschen so an, als seiest du permanent auf der Überholspur?

Überholspur klingt so ein bisschen nach Spitzensportler. Das bin ich ja nicht und werde ich niemals sein. Ich würde eher sagen, es ist ein sanftes bergauf. Vor allem meine ersten Wochen als Triathlet waren eher das Gegenteil von auf der Überholspur sein. Ich hatte beim Laufen Probleme mit den Oberschenkeln. Vielleicht mussten sie sich erst an die Bewegung gewöhnen. Da musste ich mich schon ein bisschen durchbeißen.

Irgendwann wirst du die Grenze deiner Leistungsfähigkeit erreicht haben.

Natürlich. Ich fand dazu das Interview mit Olaf Geserick bei euch auf der Webseite sehr interessant. Ich möchte auf den Moment vorbereitet sein, wenn die Leistung stagniert, wenn ich nicht mehr besser werde. Ich will darauf vorbereitet sein, um in diesem Moment nicht zu enttäuscht zu sein. Aber mir ist auch klar, dass das bei jedem*r Athlet*in anders ist. Das Gute ist, dass es den Konkurrenten in der Altersklasse ja ähnlich geht.

Macht es dir Angst, zu wissen, dass du irgendwann nicht mehr besser wirst?

Nein, damit würde ich mich nur belasten. Ich weiß, dass ich irgendwann langsamer werde. Aber ich weiß auch nicht, was die Zukunft bringt. Ich habe vor ein paar Tagen gelesen, dass eine 62-jährige Japanerin den Marathon in unter drei Stunden gelaufen ist (Mariko Yugeta lief den Osaka-Marathon Anfang Februar in 2:52:13 Stunden, Anm. d. Red.). Das ist ja Wahnsinn für das Alter. Solche positiven Dinge treiben einen natürlich an. Da sollte ich mit 55 Jahren nicht jammern, sondern loslegen. Und wenn es aus Trotz ist, weil ich weiß, dass auch ich eines Tages langsamer werde.

Du hast mit Triathlon aus Spaß am Sport begonnen. Ist das immer noch der Hauptfaktor?

Ja, ich habe immer noch viel Spaß, ich muss mich nie zum Trainieren zwingen. Ich weiß, dass ich niemals richtig gut werde, vor allem weil ich kein guter Schwimmer bin. Das bremst meine Euphorie, mir zu hohe Ziele zu setzen. Ich bin Familienvater, ich habe nicht die Zeit, vier bis fünf Stunden am Tag für eine Langdistanz zu trainieren. Aber es ist schon so, dass mit jedem absolvierten Wettkampf der Ehrgeiz steigt und die Ziele ein bisschen größer werden.

Wie schaffst du es, dass der Spaß im Vordergrund steht und das auch so bleibt?

Ich kann das schwer in Worte fassen, es ist einfach so. Es gibt einfach keine Tage, an denen ich keine Lust habe. Ich genieße es jeden Morgen, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren oder zu laufen – egal wie das Wetter ist. Ich wohne nur 700 Meter von meiner Arbeitsstelle weg, mache dann immer einen Umweg, sodass ich auf mindestens 5 Kilometer komme.

Du kürzt nie ab?

Außer wenn es schüttet, dann laufe ich schon mal nur 3,5 Kilometer. Aber den direkten Weg nehme ich nie.

Was bedeuten dir Erfolge?

Sie sind ein schöner Nebeneffekt. Ich freue mich über gute Platzierungen. Ich gehe aber nie mit dem Ziel in den Wettkampf, eine bestimmte Platzierung erreichen zu wollen. Ich gehe mit Spaß an den Start und ich werde besser oder schlechter sein. Egal wie es ausgeht, ich versuche nicht zu enttäuscht zu sein. Vielleicht ist das aber auch ein Selbstschutz. Wer zu viel von sich erwartet, wird leichter enttäuscht.

Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.