Julia wird zur Vorzeigesportlerin - gegen alle Vorhersagen der Ärzte
Sport war immer etwas, was andere taten
Julia Sadowski findet, dass sie sich gar nicht so sehr verändert hat in den vergangenen dreieinhalb Jahren. Okay, Sport spielt nun eine große Rolle im Leben, sie raucht nicht mehr, ernährt sich gesund. Aber sie findet, sie ist doch derselbe Mensch geblieben. Personen in ihrem Umfeld sehen das offenbar anders. „Ich bekomme immer mal wieder zu hören, dass ich mich um 180 Grad gewandelt habe“, sagt sie.
Was sich auf jeden Fall in Julias Leben gewandelt hat: Sie fühlt sich wohler, hat mehr Energie, hat vor keiner Herausforderung mehr Angst. Ihr Leben hat durch den Sport eine positive Komponente hinzu bekommen, die ihr gut tut, ihr Leben bereichert. Der Sport stärkt nicht nur ihren Körper, sondern auch ihren Charakter. Sie hat gelernt, dass sie Dinge meistern kann, die sie eigentlich für unmöglich hält. Eine Alpenüberquerung mit dem Mountainbike 2017 war die erste sportliche Herausforderung, die sie in ihrem Leben erfolgreich bewältigt hat. Das tat ihr gut, spornte an, gab ihr Selbstvertrauen. Wie auch die mittlerweile erfolgreich absolvierten Triathlons. „Wenn ich einen Startplatz für die Ironman-WM auf Hawaii geschenkt bekäme, würde ich ihn annehmen. Vor ein paar Jahren wäre ich nur mit der Luftmatratze zum Urlaub nach Hawaii gegangen“, sagt sie. Vor ein paar Jahren waren 20 Kilometer auf dem Rad für sie (auch) noch ein Tagesausflug, wie sie das ausdrückt. „Heute überlege ich, ob ich die Strecke nicht lieber laufe, anstatt das Rad zu nehmen“, sagt Julia.
Julia kam mit Spina bifida auf die Welt, was wohl eher als „offener Rücken“ bekannt ist. Damit war eigentlich – zumal für die das damalige Meinungsbild von Ärzten über die Krankheit – zu erwarten, dass Julia ein eher bewegungsfaules Leben, als eine große sportliche Karriere bevorsteht. Ihre Mutter wollte sich mit dem Schicksal für ihre Tochter jedoch nicht abfinden. Eine Operation, noch in der Geburtsklinik von Ärzten empfohlen, lehnte sie ab. Und zog Krankengymnastik für Julia vor. „Das hat mir sehr geholfen und meinen Zustand immer weiter verbessert“, sagt Julia, die heute komplett beschwerdefrei ist.
Sport und Julia waren trotzdem über Jahr(zehnt)e wie zwei Gegenpole, die sich abstießen. „Sport war immer etwas, was andere taten“, sagt sie. Sport bedeutet für sie jahrelang lediglich Sportevents im Fernsehen anschauen und ihren Vater und seine Frau vom Streckenrand bei Marathonläufen anzufeuern. Selbst bewegte sie sich selten. Zudem rauchte sie. Bis zu zweieinhalb Packungen am Tag. „Mittlerweile“, sagt Julia, „weiß ich gar nicht mehr, wie ich das tun konnte.“
Der Wandel von der Raucherin zur Nicht-Raucherin, vom Faulpelz zur Sportlerin, vielleicht sogar zur Vorbild-Sportlerin ging nicht innerhalb von ein paar Tagen von statten. Okay, mit dem Rauchen hörte sie an einem Tag im November 2016 auf – und rauchte seitdem keine einzige Zigarette mehr. Der Wandel zur Sportlerin war jedoch ein langsamer Prozess. Über Monate, viele Monate. Ihre erste Annäherung an das für sie bis dahin eher unbekannte Wesen Sport („Die drei Tage im Jahr auf Skiern den Berg runterrutschen, kann man ja nicht als Sport bezeichnen“) war ein Kitesurf-Kurs im Urlaub 2016. Der Sommerurlaub ein Jahr später hatte dann schon die Herausforderung Alpenüberquerung mit dem Mountainbike parat. „Ich habe vorher gedacht, wie bescheuert bist du denn? Es war dann allerdings ziemlich cool“, sagt Julia. Ziemlich cool waren zumindest die Momente, wenn sie oben auf dem Berg angekommen war.
Diese beiden Sporturlaube waren damals noch Momente mit Seltenheitswert im Leben von Julia. Aber Sport sollte mehr und mehr zu einem festen Bestandteil ihres Lebens werden. „Ich bin nach der Alpenüberquerung einfach dran geblieben“, sagt sie. Klingt schwieriger, als es ist. Sie begann, zu laufen. Beim ersten Mal war sie schon nach 500 Metern total fertig. Nach ein paar Wochen schaffte sie fünf Kilometer am Stück. Und war sehr stolz darauf.
Ein halbes Jahr später überredete die Frau ihres Vaters sie dazu, gemeinsam einen Triathlon zu absolvieren. Es war, mit Mitte 30, der erste sportliche Wettkampf in ihrem Leben überhaupt. Trotz des unbekannten Gefühls, trotz aller Aufregung, hatte sie Spaß, genoss das Rennen: „Ich hatte nie das Gefühl, ich schmiere ab und werde Letzte.“ Im Gegenteil: Sie hat sehr schnell Freude an Triathlonwettkämpfen gefunden, mittlerweile sogar schon einen Wettbewerb in ihrer Altersklasse gewonnen.
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