Astrid Zunner: "Im Wettkampf ist jede Minute eine Freude"

Astrid Zunner ist seit vielen Jahren Triathletin, war früher vor allem auf der Langdistanz erfolgreich. 2019 ist sie Vize-Europameisterin über die Olympische Distanz in der AK 45 geworden. Die 47-Jährige hat uns erzählt, wie es ihr gelingt, im Rennen jede Minute zu genießen, erklärt, warum Erfolge auch ohne ein Leben als Asketin möglich sind und verraten, warum sie immer Gas gibt, wenn sie andere Radfahrer*innen vor sich sieht.

Astrid Zunner
Astrid Zunner
Ich bin kein Asket, für den der Sport im Mittelpunkt steht. Ich lebe ganz normal. Ich bin manchmal selbst überrascht, wie gut das klappt.
Astrid Zunner

Hallo Astrid, …

… Moment, ich muss mal kurz in ein anderes Büro gehen, dass ich meinen Kollegen nicht störe.

Der doch sicherlich eh schon einiges von deinen sportlichen Erfolgen mitbekommen hat.

Natürlich. Unser Chef fragt mich öfter, wie es sportlich so läuft. Das hat meinen Kollegen motiviert, nun immer am Wochenende Laufen zu gehen. So etwas freut mich. Ich finde es toll, wenn man es schafft, andere Leute zum Sport zu animieren.

Im vergangenen Jahr war es nicht so leicht, Leute zu animieren, weil coronabedingt wenige Wettkämpfe stattfanden. Wie hast du die letzten zwölf Monate erlebt?

Natürlich war ich traurig, keine Wettkämpfe absolvieren zu können. Aber es hat mir auch mal gut getan, sehr viel im Grundlagenbereich zu trainieren und aufzutanken. Ich hoffe nun, dass dieses Jahr die WM auf den Bermudas stattfinden kann.

Apropos WM. Da hast du noch eine kleine Rechnung offen, oder?

In Lausanne (2019, Astrid belegte Rang zwölf in ihrer Altersklasse, Anm. d. Red.) war die Luft raus und ich war nicht so in Form.

Rund drei Monate zuvor bist du in Weert noch Vize-Europameisterin geworden.

Ein Top-Ten-Ergebnis hatte ich schon erwartet. Wenn ich die Abstände zu den besten Athletinnen meiner Altersklasse anschaue, war das schon enttäuschend. Ich bin eine Vielstarterin und habe vor Lausanne wohl zu viele Wettkämpfe gemacht. Aber aus so etwas lernt man.

Auch nach so vielen Jahren im Triathlon und im Alter von nun 47 Jahren hast du also noch nicht ausgelernt?

Ja, genau. Ich bin eine Sportlerin, die nach dem Bauchgefühl agiert. Ich bin auch nicht diejenige, die im Training genau nach Plan arbeitet, sondern viel spontan entscheidet. Ich bin damit bislang gut gefahren und handle im Training nach dem Prinzip weniger ist mehr.

Triathlon ist mein Hobby und meine Leidenschaft. Aber ich verdiene damit kein Geld. Es gibt wichtigere Dinge in meinem Leben. Triathlon kommt an dritter Stelle nach meiner Arbeit und meiner Familie. Viele Leute denken immer, ich lebe für den Sport, was vermutlich daran liegt, dass ich sehr erfolgreich bin. Aber ich bin kein Asket, für den der Sport im Mittelpunkt steht. Ich lebe ganz normal. Ich bin manchmal selbst überrascht, wie gut das klappt.

Das klingt alles so einfach. Gibt es nicht doch ein Geheimrezept für deine Erfolge?

Ich habe nie große Erwartungen. Natürlich ist es schön, zu gewinnen. Ich versuche, die Rennen locker anzugehen, Spaß zu haben. Ich muss ja kein Geld damit verdienen, habe also keinen Druck.

Gelingt es dir immer, diese Lockerheit mit ins Rennen zu nehmen?

Vor dem Wettkampf bin ich natürlich schon nervös. Aber in dem Moment, wenn der Startschuss fällt, kann ich einen Schalter umlegen und schaffe es, den Wettkampf zu genießen. Dann ist jede Minute eine Freude.

Und was passiert, wenn die Schmerzen aufgrund der Anstrengung kommen?

Ich bin nicht der Typ, der sich gerne anstrengt (lacht). Aber: Wenn ich mit meinem Mann Rad fahre, sage ich immer: Fahr nicht so schnell. Wenn aber vor uns ein*e andere*r Radfahrer*in auftaucht, dann bin ich es, die ihn*sie unbedingt einholen will. Ich kann also schon beißen.

Du bist früher geritten, bist dann zum Triathlon gewechselt.

Bei uns in der Region gab es einen Triathlon und ich dachte, da mache ich mal mit. Ich bin im Schlusssprint Vorletzte geworden. Heute würde ich sagen, lass uns gemeinsam über die Ziellinie laufen (lacht). Mich hat Triathlon gleich im ersten Wettkampf gefesselt.

Du hast dann einige Rennen auf der Langdistanz absolviert - bis zur Geburt deines Sohnes 2007. Danach hast du dich auf die kürzeren Distanzen fokussiert.

Ich wollte Triathlon und Familie unter einen Hut bringen. Ich habe damals mit zehn Stunden Training die Woche angefangen. Heute trainiere ich auch nicht mehr. Es lässt sich so gut vereinbaren.

Was treibt dich an?

Zum einen die Treffen mit Gleichgesinnten und das Kennenlernen von Orten, die ich ohne Triathlon nie gesehen hätte. Zum anderen möchte ich es mir selbst beweisen. Wenn man einen Erfolg schafft, möchte man diesen Moment wieder erleben, weil es so schön ist.

Ein großes Ziel hast du noch.

Mein Mann ist schon zweimal bei der Ironman-WM auf Hawaii gestartet. Wir wollen dort mal zusammen starten. In ein paar Jahren ist unser Sohn alt genug, dass wir die (Trainings-)Zeit haben sollten, dieses Unterfangen anzugehen.