„Ich bin manchmal ein Dickschädel“
Es macht mir nichts aus, viel zu trainieren. Ich habe schon im Kindesalter Disziplin gelernt. Ich war ab der fünften Klasse auf einem Sportgymnasium, da war der Tag durchgetaktet. Die ganze Schulzeit lang lag der Fokus auf dem Sport.
Das Triathlon-Jahr 2019, es war auch das Jahr von Caroline Pohle (Leipzig). Die 24-Jährige hat einen großen Entwicklungsschritt gemacht und gehört nun zu den Anwärterinnen auf ein Olympia-Ticket. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, warum der Weg zur Perfektion so schwierig ist, welchen Einfluss ein 23-maliger Olympia-Goldmedaillengewinner auf ihre Karriere hat und warum sie mittlerweile immer auf ihren Trainer hört.
Caro, 2019 war dein Jahr, oder?
Es war das beste Jahr, das ich bislang hatte. Einfach unbeschreiblich. Es war meine erste richtige Saison, ich bin erstmals in richtig großen Rennen gestartet, wenn man das eine Rennen 2018 (Weltcup in Karlsbad, Anm. d. Red.) außer Acht lässt. Ich habe es geschafft, national und international auf mich aufmerksam zu machen. Der Knoten ist geplatzt.
Was war dein Highlight 2019?
Es ist schwer, da einen Wettkampf herauszusuchen, es gibt nicht so das eine Ereignis, das alles überstrahlt hat. Alles zusammen war ein Highlight. Aber wenn ich meine Top drei wählen müsste, puh, was schwer ist, wäre da auf jeden Fall der Vize-Europameistertitel im Mixed Relay und das Olympische Testevent in Tokio. Es war für mich eine ganz besondere Situation, ein Jahr vor den Olympischen Spielen auf den Originalstrecken zu starten. Es war krass und man hat die Einmaligkeit des Momentes gespürt und erlebt. Es war sehr beeindruckend, das ich da dabei sein durfte.
Und das dritte Highlight?
Auf jeden Fall der Podestplatz beim Weltcuprennen in Karlsbad.
In Karlsbad warst du im Vorjahr 26. Jetzt kann man Rennen immer schwer vergleichen. Lässt sich an deinem dritten Rang trotzdem dein Fortschritt festmachen?
Auf jeden Fall. Ich habe in allen drei Disziplinen große Sprünge gemacht. Beim Schwimmen hatte ich in Karlsbad 2018 kurz nach dem Start eine Panikattacke, habe gestoppt und alle vorbeischwimmen lassen. Ich bin dann dem Feld hinterher geschwommen und vielleicht als 30. aus dem Wasser. Alleine beim Freiwasserschwimmen habe ich eine riesen Entwicklung genommen. Beim Radfahren habe ich mich taktisch enorm entwickelt, fahre cleverer, bringe mich für die Wechsel in eine bessere Position. Beim Laufen habe ich auch einen riesen Sprung gemacht.
Muss man solche triathlonspezifischen Dinge einfach lernen? Oder haben manche Athleten die einfach im Blut?
Ich glaube, man braucht ein Feeling dafür. Manche bekommen das früher, andere später. Es geht viel über die Erfahrung. Ich bin das beste Beispiel dafür: Ich hatte im Schwimmen die grundspezifischen Fähigkeiten, musste aber über die Wettkämpfe die Erfahrung sammeln, wie es ist, nicht alleine auf seiner Bahn zu schwimmen, sondern mit allen zusammen im Freiwasser.
Du hast Schwimmen auch schon leistungssportmäßig betrieben. Was konntest du mitnehmen?
Es macht mir nichts aus, viel zu trainieren. Und auch selbstständig und gewissenhaft zu trainieren. Ich habe schon im Kindesalter Disziplin gelernt. Ich war ab der fünften Klasse auf einem Sportgymnasium, da war der Tag durchgetaktet. Die ganze Schulzeit lang lag der Fokus auf dem Sport.
Was fasziniert dich am Triathlon am meisten?
Die Abwechslung von drei Disziplinen, die sich eigentlich ausschließen. Man versucht trotzdem, in jeder die Perfektion zu erreichen. Ein Beispiel: Wenn ich einen Radblock im Training habe, ist es für mich unglaublich schwer, schnell zu schwimmen. Trotzdem will ich gerne so perfekt wie möglich in allen drei Disziplinen werden.
Was fasziniert dich noch?
Die Triathleten sind ein eigenes Völkchen, anders, in gewisser Weise verrückt. Sie sind entspannt, und trotzdem sehr diszipliniert, coole Leute, mit denen man gerne rumreist. Ich schaue mir Triathlonwettkämpfe auch gerne an. Es ist so eine krasse Atmosphäre. Der Schnellste feuert den Langsamsten an - und andersherum. Beim Schwimmen waren bei Deutschen Meisterschaften manchmal nur drei Eltern in der Halle. Da waren auch die Athleten eher so für sich.
Was nimmst du aus der Saison 2019 mit?
Disziplin an den Tag zu legen und auf den Trainer zu hören, bringt etwas.
Hast du zuvor nicht auf den Trainer gehört?
(lacht) Doch. Nur in der einen oder anderen Situation nicht. Ich bin ein Dickschädel. Ich habe dann schon mal gedacht, ich muss mehr machen als der Trainer sagt. Dass ist mir dann auf die Füße gefallen. Viel hilft nicht immer viel. Kontinuität zahlt sich stattdessen aus. Und ich habe gelernt, dass man sich nicht so leicht unterkriegen lassen darf und immer wieder aufstehen muss.
Sind mit dem erfolgreichen Jahr 2019 nun auch die Erwartungen an dich selbst gestiegen?
2020 wird sicherlich anderes als 2019. Ich habe hohe Erwartungen an mich, weil 2020 ein besonderes Jahr ist. Schließlich ist es nur noch ein dreiviertel Jahr bis zu den Olympischen Spielen und es gibt noch einen Startplatz für eine deutsche Athletin, der zu vergeben ist. Einfacher als 2019 wird 2020 definitiv nicht. Aber ich versuche, mir darüber nicht zu viele Gedanken zu machen. Man muss sehen: Ich bin auch noch im Lernprozess.
Die Olympia-Qualifikation ist das große Ziel.
Ja, der Fokus liegt auf dem Wettkampf in Kienbaum (Dort wird Ende Mai der zweite Startplatz in einem internen Qualifikationswettkampf vergeben, Anm. d. Red.). Das ist der erste große Höhepunkt.
Was würde es dir bedeuten, bei Olympia dabei zu sein?
Es ist das Größte, das Krasseste, was ich mir vorstellen kann. Als Kind sagt man ja immer, so, ich will mal zu Olympia. Zu Beginn der Zeit auf dem Sportgymnasium in der fünften Klasse haben wir ein Video mit Michael Phelps (28-maliger Olympiamedaillengewinner im Schwimmen, Anm. d. Red.) gezeigt bekommen. Dann sagt man sich natürlich, ich will auch mal zu Olympia. Dass dieser Traum nun, fast 15 Jahre später, in Erfüllung gehen könnte, ist einfach unbeschreiblich.
Du hast also als junge Schwimmerin auch schon von Olympia geträumt?
Als junge Schwimmerin habe ich davon geträumt und mich damit motiviert. Als ich älter war, war dieser Traum nur noch in einer Schublade im Hinterkopf. Da war es utopisch, das zu schaffen. Jetzt ist dieser Traum sehr, sehr nahe und er kann nächstes Jahr Realität werden.
Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.