Die Frau, die regelmäßig Letzte wird

Letzter werden will im Sport eigentlich niemand. Inga Böge wird jetzt nicht unbedingt gerne Letzte. Aber sie wird regelmäßig Letzte. Sie sagt, das mache ihr nichts aus. Der 52-Jährigen geht es vor allem um den Spaß am Sport. Und den kann man offenbar auch als Letzte haben – auch wenn das viele leistungssportlich orientierte Athlet*innen erst einmal irritieren mag.

INga wird regelmäßig Letzte
Letzter werden will im Sport eigentlich niemand. Inga Böge wird jetzt nicht unbedingt gerne Letzte. Aber sie wird regelmäßig Letzte. Sie sagt, das mache ihr nichts aus.

Letzter werden will im Sport eigentlich niemand. Inga Böge wird jetzt nicht unbedingt gerne Letzte. Aber sie wird regelmäßig Letzte. Sie sagt, das mache ihr nichts aus. Der 52-Jährigen geht es vor allem um den Spaß am Sport. Und den kann man offenbar auch als Letzte haben – auch wenn das viele leistungssportlich orientierte Athlet*innen erst einmal irritieren mag.

Als Inga Böge sich 2005 bei ihrem ersten Marathon auf den letzten Metern vor dem Ziel befindet und weiß, dass sie diese Herausforderung gleich gemeistert hat, fragt sie sich: Was kommt als nächstes? Sie hat einen Halbmarathon absolviert. Sie hat nun gleich einen Marathon absolviert. Sie braucht ein neues Ziel. Eine neue Herausforderung. Inga beschließt, noch bevor sie die Ziellinie ihres ersten Marathons überquert hat, dass sie nun einen Triathlon absolvieren möchte.

Inga hat damals schon einen Bezug zum Triathlon. Sie hat am Marathonprojekt „Von null auf 42“ des Triathlon Teams Witten teilgenommen. Und natürlich hat sie in diesem Zeitraum mal mit dem einen oder anderen Triathleten gesprochen und Sätze zu hören bekommen wie: „Wer einen Marathon läuft, kann auch an einem Volkstriathlon teilnehmen“. Und ihr selbst gefiel die Vorstellung, drei Sportarten nacheinander zu absolvieren.

Rund ein dreiviertel Jahr später startet sie dann beim Triathlon in Bocholt. Das Schwimmen verläuft gut. Sie kommt im vorderen Mittelfeld aus dem Wasser. Das Radfahren verläuft dann weniger gut. Eigentlich ist Inga mit ihrer Leistung zufrieden. Aber wenn man selbst mit 25, 26 Kilometern pro Stunde radelt und viele Athleten mit 40, 45 Kilometern pro Stunde an einem vorbeifahren, fühlt sich das – verständlicher Weise - nicht besonders toll an. „Ich hatte das Gefühl, ich würde stehen bleiben“, erzählt Inga. Beim Schwimmen verspürt sie Euphorie. Nun, auf dem Rad, verspürt sie das Gegenteil.

Was sie damals nicht weiß: Bocholt ist aufgrund eines großen ansässigen Fahrradherstellers eine Rennradfahrer-Hochburg. Inga hat zwar auch ein Rennrad. Allerdings kein teures. Sie hat ihr Rennrad bei einem Sportartikel-Discounter erworben. „Als ich vor dem Wettkampf in die Wechselzone gekommen bin, ist mir ganz schlecht geworden, als ich die vielen teuren Rennräder gesehen habe“, erzählt Inga.

Sie wird die zweite Wechselzone als Vorletzte erreichen. Hinter ihr ist nur noch ein Holländer. Der Holländer fährt ein Hollandrad und wird Inga auf der Laufstrecke noch überholen. Sie wird also Letzte. Eine Platzierung, die in den kommenden Jahren so eine Art Markenzeichen von ihr wird. Denn egal ob Laufveranstaltung oder Triathlon, Inga kommt häufig als letzte Athletin in das Ziel. Sehr häufig. Sie sagt, das mache ihr überhaupt nichts aus. „Ich finde das nicht schlimm. Auch wenn das viele Sportler nicht verstehen“, sagt Inga und fügt an: „Ich freue mich im Ziel einfach, dass ich es geschafft habe.“

Was sie nicht versteht: Wenn sie unterstellt bekommt, dass sie am Triathlon teilnimmt, ohne zu trainieren. Denn das stimmt nicht. Viele Leute scheinen das allerdings aus ihren Platzierungen abzuleiten. Dabei geht Inga mehrmals die Woche schwimmen, zweimal die Woche Laufen und fährt oftmals mit dem Rad zur Arbeit. Sie ist beim Laufen halt einfach langsamer als viele andere. Oder, um es mit ihren eigenen Worten auszudrücken: eine Schnecke.

„Ich nehme das mit Humor“, sagt die 52-Jährige in Bezug auf ihre Langsamkeit beim Laufen. Ihr wurde zu Beginn ihrer Laufkarriere schnell klar, dass sie nicht die Vier-Stunden-Marathonläuferin wird. „Ich habe es versucht, aber es ging nicht gut“, sagt Inga. Sie wurde krank und bekam Überlastungserscheinungen – und sagte sich von Zielen wie bestimmten Zeiten los. „Ich finde, es ist doch egal, in welchem Tempo ich laufe. Ich brauche eben sieben Minuten für einen Kilometer“, sagt Inga.

Ihren ersten Marathon hat sie vor knapp 15 Jahren absolviert. Sie ist also seit über einem Jahrzehnt als Triathletin aktiv, schon lange dabei. Vielleicht ist ihr Geheimnis, dass sie den Spaß am Sport über mögliche Ziele stellt.

Ziemlich am Ende des Gespräches sagt Inga dann noch einen Satz, der nicht nur ihre eigenen Beweggründe am Sporttreiben, sondern auch den Sinn des Sports, des Triathlons, fernab vom Leistungssport, ganz gut charakterisiert: „Bewegung ist – egal in welchem Tempo - besser als faul auf der Couch zu liegen.“

 

Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.