Das Gefühl, das ihr lange verwehrt wurde
Es ist, als habe ich die Augen geöffnet bekommen.
Als Romy Schneider im vergangenen Jahr beim KnappenMan in der Lausitz den ersten richtigen Triathlon ihres Lebens absolvierte, unterlief ihr so ziemlich jeder Anfängerfehler, der einem Anfänger unterlaufen kann. So erzählt sie es. Unter anderem rannte sie nach dem zweiten Wechsel mit dem Helm auf dem Kopf los.
Romy kann darüber mittlerweile lachen. Sie konnte darüber auch schon kurz nach dem Wettkampf lachen. Ihr geht es nicht um Platzierungen, ihr geht es um ein Gefühl. Um ein Gefühl, das ihr lange verwehrt wurde.
Wer dies verstehen will, muss die Lebensgeschichte von Romy Schneider, die über viele Jahre hinweg eigentlich auch eine Leidensgeschichte war, kennen.
Romy war ein sportbegeistertes Kind, das vor allem gerne lief und sprang. Bis ein Arzt, da war sie neun oder zehn Jahre alt, bei einer Routineuntersuchung feststellte, dass sie an einer Hüftdysplasie, also einer Hüftgelenksfehlbildung, leide. Von jenem Tag an durfte sie nicht mehr laufen und springen. Sie durfte keinen Sport mehr machen, außer Turnübungen. In der Schule saß sie beim Sport also in der Regel nebendran und schaute zu („Das war ziemlich doof“), Sport in der Freizeit war ebenfalls tabu. Die Folge ab ihrer Jugend waren regelmäßig Rückenschmerzen nach längerem Stehen oder Gehen. Hinzu kam, als sie Mitte 20 war, ein Beckenriss kurz nach der Geburt ihres Sohnes.
Dann wechselte sie aufgrund eines Umzuges den Orthopäden. Und plötzlich war alles anders. Ihr neuer Orthopäde verbot ihr nicht, Sport zu treiben. Im Gegenteil: Er ermunterte sie dazu, sich zu bewegen, empfahl ihr sogar, regelmäßig joggen zu gehen. Ihr, die rund 15 Jahre lang versucht hatte, Sport und sportliche Bewegung zu vermeiden, weil Sport und sportliche Bewegung bei ihr stets mit Schmerzen verbunden waren. Es war, als habe sie ein neues Leben geschenkt bekommen. Der Unterschied, sagt Romy, sei wie Tag und Nacht. „Es ist, als habe ich die Augen geöffnet bekommen.“
Der Wiedereinstieg in den Sport, rund 15 Jahre nach der Diagnose samt Sportverbot des ersten Arztes, war nicht einfach. Romy musste nicht nur Vertrauen in die Aussagen des Arztes gewinnen. Sie musste auch Vertrauen in ihren Körper gewinnen. Und die richtige Balance finden. „Am Anfang habe ich mich nicht bremsen können. Anstatt 15 Minuten wollte ich gleich eine Stunde joggen“, erzählt Romy. Die Folge waren wieder Schmerzen.
Doch Romy gelang es, durch Geduld, durch regelmäßige Kräftigungsübungen für die Hüfte und durch den nötigen Biss dran zu bleiben. Und plötzlich konnte sie das, was sie über Jahre nicht machen konnte, schmerzfrei tun: Sport. „Es war geil, ich war total glücklich“, sagt Romy: „Ich hatte das nicht mehr für möglich gehalten.“
Bald lief sie nicht mehr nur für sich, sondern nahm auch an Laufwettkämpfen teil. „Ich brauche es, mir Ziele zu setzen“, sagt Romy. Über einen Zeitraum von 15 Jahre startete sie bei Laufwettkämpfen. Bis zu jenem Tag, als sie wegen Knieproblemen wieder bei ihrem Orthopäden war. Der empfahl ihr, ihren Bewegungsdrang auf verschiedene Sportarten aufzuteilen, auch Radfahren und Schwimmen zu gehen. So fand sie zum Triathlon.
Dabei hatte sie anfangs durchaus Bedenken, ob sie dem Ausdauerdreikampf gewachsen sei. „Ich dachte, der Trainingsaufwand ist zu groß“, sagt Romy. Doch sie hat großen Spaß am Schwimmen („Ich würde am liebsten jeden Tag drei Stunden ins Wasser“). Und auch am Radfahren fand sie mit der Zeit mehr und mehr Gefallen.
Ihr erster Triathlonwettkampf sollte eigentlich bereits 2019 stattfinden, verschob sich wegen einer Knie-Operation auf 2020 – und fand somit virtuell statt. „Ich habe vor Aufregung die ganze Nacht nicht geschlafen“, erzählt Romy. Auch vor ihrem ersten realen Wettkampf, dem KnappenMan, war sie noch sehr nervös. Aber so kann sie nun immer die Geschichte mit dem Helm erzählen.
Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.