"Ich genieße es sehr, mein Leben so zu leben"

Marlene Gomez-Islinger startet mit guten Chancen auf eine Top-Platzierung beim Weltcup in Karlsbad (Tschechien). Wir haben mit der 28-Jährigen über Qualitytime mit Eltern, Oma und Hund, ein Fünf-Gänge-Menü und die niedrigste Startnummer ihrer Karriere gesprochen.

Marlene Gomez-Islinger
Wir haben sehr viele Privilegien. Wie wir leben, ist schon etwas Besonderes.
Marlene Gomez-Islinger

Marlene, es ist 9.30 Uhr. Welche Einheit hast du heute Morgen bereits absolviert?

Ehrlich gesagt, habe ich heute (Donnerstag, Anm. d. Red.) noch nichts gemacht. Heute steht nur eine Einheit auf dem Programm, es ist also fast ein kompletter Ruhetag vor dem Wettkampf am Sonntag.

Den du hoffentlich nutzen konntest.

Ich bin schon bei meinen Eltern in Bayern (in Weiden in der Oberpfalz, Anm. d. Red.). Von hier ist es nur eine Stunde bis Karlsbad. Es ist toll, Zeit mit meinen Eltern, meiner Oma und dem Hund zu verbringen.

Fehlt dir das während der Saison?

Ja, dafür bleibt leider sehr wenig Zeit. Ich will auch nicht hinfahren und die ganze Zeit auf die Uhr schauen, weil ich weiß, in einer halben Stunde steht schon die nächste Einheit an. Wenn es zwanghaft in den Tag hineingepresst wird, ist es nicht schön und auch irgendwie unbefriedigend.

Das ist wohl das Los als Leistungssportlerin.

Wir haben sehr viele Privilegien. Wie wir leben, ist schon etwas Besonderes. Daher kann ich damit umgehen, dass wir im sozialen Leben ein paar Einbußen haben. Zum Glück habe ich eine Trainingsgruppe und damit soziale Kontakte.

Welche Privilegien sind für dich die größten?

Ich finde es toll, den ganzen Tag Sport machen zu können und nicht im Büro sitzen zu müssen. Klar gibt es auch coole Bürojobs. Aber ich genieße es schon sehr, mein Leben so zu leben. Auch die vielen Reisen an Orte, an die ich ansonsten nie kommen würde, sind etwas, was mir zusagt. Ich wäre ohne den Triathlon vermutlich nie nach Dnipro (in der Ukraine, Anm. d. Red.) gekommen.

Nun geht es für dich nach Karlsbad. Mit welchen Zielen?

Ich starte mit der niedrigsten Startnummer, die ich jemals bei einem Weltcuprennen hatte. Ich bin stolz darauf, mit der Nummer fünf ins Rennen zu gehen.

Es ist sogar die Nummer vier.

Das ist ja noch besser (lacht). Mein Minimalziel sind die Top Ten. Wenn es gut läuft, sollten es die Top fünf werden. Ich habe auf der Olympischen Distanz stets Probleme mit der Energieversorgung. Ich hoffe, dass ich diesmal gut durchkomme.

Hattest du schon mal ein gutes Rennen über die Olympische Distanz?

Noch nicht so wirklich. Mir ist diese Woche auch wieder aufgefallen, dass ich echt wenige Wettbewerbe über die Olympische Distanz absolviert habe. Das Rennen in Miyazaki 2019 lief ganz gut (Marlene belegte Rang zehn, Anm. d. Red.). Aber auch dort hatte ich Probleme mit der Energiezuführung.

Warum ist das so schwierig. Es geht ja nicht um die Zunahme eines Fünf-Gänge-Menüs?

(lacht). Es ist eine ganz andere Belastung als eine Sprintdistanz, auch wenn es „nur“ doppelt so lang ist. Ich komme schon immer angeschlagen aus dem Wasser, muss dann daran denken, auf dem Rad ein Gel zu mir zu nehmen und genug zu trinken. Essen und Trinken sind enorm wichtig auf der Olympischen Distanz. Zum Vergleich: Bei den ganz kurzen Formaten bei den Rennen in Kanada zuletzt hatte ich nicht mal eine Trinkflasche am Rad.

Du hast dieses Jahr zum ersten Mal ein Weltcuprennen gewonnen. Was hat das in dir ausgelöst?

Es hat mir über die Enttäuschung mit Rang vier beim Olympia-Qualifikationswettkampf hinweggeholfen. An dem Tag in Arzachena hat einfach alles gepasst – das ist nicht immer der Fall. Ich habe einen guten Tag erwischt und es auch geschafft, es durchzuziehen.

Die kommenden Olympischen Spiele finden in drei Jahren in Paris statt. Wird alles nun darauf ausgerichtet? Oder gibt es erst einmal andere Ziele?

Paris ist ein Fernziel, darauf ist natürlich alles ausgerichtet. Bis dahin will ich mich in den Rennen der World Triathlon Championships Series etabliert haben.

Du hast mittlerweile schon Platzierungen um Rang 20 und besser erreicht. Bist du damit nicht schon etabliert?

Natürlich, vor allem wenn ich schaue, wo ich herkomme. Aber natürlich will ich mich immer weiter verbessern. Beim Rennen in Montreal habe ich die erste große Gruppe nach dem Schwimmen um zehn Sekunden verpasst. Es wäre natürlich cool, da das nächste Mal dabei zu sein. Ich arbeite hart daran, dass in Zukunft zu schaffen.

Mit den Erfolgen wachsen also auch die Ansprüche?

Ja, aber ich muss auch aufpassen, dass ich nicht in eine Falle tappe und denke, nur weil ich jetzt Platzierung x erreicht habe, muss ich das und das trainieren. Die Kunst ist, einfach so weiter zu machen wie bisher.

Neben Gomez-Islinger starten in Karlsbad aus deutscher Sicht Lisa Tertsch, Caro Pohle, Tanja Neubert und Selina Klamt sowie Jonas Breinlinger, Lasse Priester und Johannes Vogel.