Tipps von Steffen Justus für die Off-Season - Wenn Training mal nicht Training sein sollte

Die Off-Season kann die schönste Zeit des Jahres sein – wenn man geduldig ist und weiß, die Zeit bestmöglich zu nutzen. Wir haben mit Steffen Justus, Bundesstützpunktrainer in Saarbrücken und ehemaliger Weltklasse-Athlet, über harte Einschnitte, Treffen mit Freunden und einen überraschenden Trip nach Kuba gesprochen.

Trainer Steffen Justus steht am Schwimmbecken.

Wenn Training mal nicht Training sein sollte

Die Off-Season kann die schönste Zeit des Jahres sein – wenn man geduldig ist und weiß, die Zeit bestmöglich zu nutzen. Wir haben mit Steffen Justus, Bundesstützpunktrainer in Saarbrücken und ehemaliger Weltklasse-Athlet, über harte Einschnitte, Treffen mit Freunden und einen überraschenden Trip nach Kuba gesprochen.

 

Steffen, was war in deiner eigenen Karriere das Coolste, das du in einer Off-Season gemacht hast?

Puuuh, da gab es einige schöne Sachen. Nach dem letzten internationalen Elite-Wettkampf 2013 (Weltcup  in Cozumel/Mexiko, Anm. d. Red.) bin ich zurück nach Deutschland geflogen. Dann hat mich ein Kumpel gefragt, ob ich nicht spontan mit ihm nach Kuba in den Urlaub will. Also ging es wieder zurück nach Mittelamerika und wir haben zwei Wochen am Stand gechillt. Wobei ich zu den Menschen gehöre, die einen großen Bewegungsdrang haben. Also sind wir auch ein bisschen gewandert.

 

Da sind wir schon bei einem spannenden Thema. Wie viel Sport ist deiner Meinung nach in der Off-Season gut?

Das ist individuell unterschiedlich. Ich finde es ist wichtig, die sportliche Bewegung in der trainingsfreien Zeit nicht als Training zu sehen. Vielmehr sollte man sich, wenn man sich bewegen möchte, an der Bewegung an sich erfreuen. In der Off-Season muss man seinem Körper die Zeit geben, um runterzukommen.

 

Das Herz-Kreislaufsystem und die Muskulatur erholen sich in der Regel recht schnell. Anders verhält es sich mit dem Stützapparat und vor allem mit dem Kopf.

 

Die Erholung des Kopfes ist ein ganz entscheidender Faktor.

Der Kopf braucht Zeit, um sich zu erholen. Es ist wichtig, in dieser Phase richtig abzuschalten und das zu machen, worauf man Lust hat. Ein Urlaub zu Beginn der Off-Season bietet sich an. Vor allem sollte man Dinge tun, die einen nur wenig an Triathlon denken lassen: zum Beispiel Freunde treffen und Zeit mit der Familie verbringen. Also mit Menschen, die nicht aus der Triathlonblase kommen, mit denen man eben viele andere Gesprächsthemen hat.

 

Eigentlich sollte man erst wieder richtig ins Training einsteigen, wenn der Kopf signalisiert, dass er wieder so weit ist.

 

Bei Breitensportlerinnen und Breitensportlern darf man nicht vergessen, dass sich ihr Leben über Monate eigentlich nur um die Arbeit, die Familie und den Sport dreht.

Genau. Ich höre oft von Breitensportlerinnen und -sportlern oftmals Sätze wie „Ich muss heute noch ins Training“. Das ist der falsche Ansatz. Man muss nicht, man will. Das Wort „muss“ ist in diesem Kontext ganz gefährlich. Es soll ja vor allem Spaß machen.

 

Wie sollte man die Off-Season gestalten?

Da gibt es kein pauschales Rezept, das sich für jede Athletin und jeden Athleten anwenden lässt. Ich persönlich bin kein Freund von klaren Schnitten. Also letzter Wettkampf, dann Pause und nur am Strand liegen, dann wieder von null auf 100.

 

Ich würde dazu raten, dem Körper nach dem letzten Wettkampf eine Woche mit wenigen Einheiten zum Runterfahren zu geben, dann zwei, drei Wochen, in denen man gar nichts macht, zumindest nichts Triathlonspezifisches.

 

In der Woche vor dem Wiedereinstieg sollte man den Körper dann langsam wieder an die Belastung gewöhnen. Dem Körper sollte also die Chance zum Adaptieren gegeben werden.

 

Wie lange sollte eine Off-Season für Breitensportlerinnen und –sportler dauern?

Vier bis sechs Wochen. So lange zu pausieren, fällt vielen Athletinnen und Athleten schwer, weil sie Angst haben, ihre Form zu ruinieren und denken, die Konkurrenz trainiert bestimmt schon wieder ganz eifrig. Aber es ist ratsam, dem Körper eine Pause über diesen Zeitraum zu geben. Ansonsten ist die Gefahr da, dass bereits im Dezember die Akkus wieder leer sind.

 

Nur eine kurze Saisonpause zu machen, das geht ein, zwei Jahre gut. Aber die Gefahr ist sehr groß, dass man sich im Winter schon wieder müde fühlt, die nächste Saisonpause herbeisehnt und körperlich ausbrennt.

 

Umso länger die Saisonpause dauert, desto schwieriger ist allerdings der Wiedereinstieg.

Das stimmt. Ich weiß es noch aus eigener Erfahrung, dass die ersten drei bis vier Wochen im Training immer sehr zäh waren. Da muss man sich einfach ins Gedächtnis rufen: Ja, am Anfang ist es schwer. Aber es kommen auch bald wieder die Einheiten, in denen es gut läuft und es wieder richtig Spaß macht.

 

Ist die Trainingsphase im Winter die geeignetste, um an Schwächen zu arbeiten?

Ja, es gibt keinen Zeitpunkt im Jahr, an dem man so viel Zeit dafür hat. Der Zeitpunkt eignet sich auch deshalb so gut, weil alte Technikmuster durch die Saisonpause nicht mehr so präsent sind. Und was man nicht vergessen darf: Eine Technikumstellung, zum Beispiel im Schwimmen, benötigt Zeit. Zwei, drei, manchmal sogar vier Monate. Die Zeit hat man während der Wettkampfphase eigentlich nicht.

 

Ist es aus deiner Sicht ratsam, in einem Winter an zwei Technikumstellungen, zum Beispiel im Schwimmen und im Laufen, zu arbeiten?

Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, würde ich davon abraten. Die Gefahr, sich zu verzetteln, ist einfach zu groß. Es kann ganz schnell passieren, dass die Zeit davon läuft.

 

Viele Athletinnen und Athleten haben eine Disziplin als Schwachstelle. Auch hier bietet sich der Winter an, um daran zu arbeiten. Einfach zwei Einheiten in dieser Disziplin pro Woche mehr zu absolvieren, ist aber nicht ratsam.

Nein. Man sollte den Gesamt-Trainingsumfang einer Disziplin nie um mehr als zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Wenn man im Laufen zum Beispiel von drei auf vier Einheiten pro Woche erhöht, sollte man dafür erst einmal die Umfänge der vier Einheiten etwas reduzieren und diese dann peu à peu anheben.

 

Den wöchentlichen Kilometerumfang direkt von 30 auf 38 oder 40 Kilometer zu erhöhen, wäre schon eine brutale Steigerung und eine Brechstangennummer, die ich nicht empfehle.

 

Vor allem im Schwimmen empfiehlt es sich, Fortschritte über die Technik, nicht über deutlich höhere Umfänge erzielen zu wollen.

Genau. Es wird dann zwar erst einmal Rückschritte geben, weil die Muskeln sich umstellen müssen. Aber nach drei, vier Monaten passiert dann richtig was, wenn man vorher geduldig ist.

 

Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.