So geht Off-Season

28.09.2022 –  Thorsten Eisenhofer

Tipps von Spitzenathletinnen und -athleten. Wie sich die Pause im Herbst richtig nutzen lässt.

2022 Selina Klamt

SELINA KLAMT

Die 21-Jährige gehört dem Nachwuchskader der DTU an und erreichte 2022 bislang drei Podiumsplatzierungen bei Europacuprennen.

„Meine Saisonpause dauert in der Regel drei Wochen. Zwei Wochen ist richtige Off-Season, ohne triathlonspezifisches Training. Da gehe ich höchstens mal laufen, wenn ich Lust darauf habe. In der dritten Woche fange ich langsam wieder mit regelmäßigem Training an, aber noch mit geringerer Dosierung (ein bis zwei Einheiten pro Disziplin in der Woche) und auf freiwilliger Basis.

Ich nutze die Off-Season, um komplett abzuschalten. Die ersten beiden trainingsfreien Wochen nehme ich mir möglichst viel Zeit für meinen Freund und meine Familie. Dafür bleibt während der Saison oft wenig Zeit. In dieser Phase kann ich auch mal Dinge machen, die während der Saison zu kurz kommen.

Ich mag es zum Beispiel, ohne Zeitdruck ins Kino zu gehen, weil am kommenden Morgen mal keine Trainingseinheit ansteht. Besonders gerne nutze ich die Off-Season für Wassersport, eine meiner Leidenschaften: Windsurfen, Katamaranfahren und seit drei Jahren auch Tauchen. Ich finde Wasser ziemlich beruhigend und bin fasziniert von der Unterwasserwelt. Schildkröten, Fische oder Wale zu sehen, finde ich super. Da kann ich richtig gut entspannen.“

Maria Paulig beim Laufen.

MARIA PAULIG

Die 27-Jährige startet für die DTU-Altersklassen-Nationalmannschaft, in der 1. Bitburger 0,0% Triathlon-Bundesliga und bei regionalen Rennen.



„Off-Season heißt für mich auch, mehr Zeit zu haben, mein Leben zu leben. Ich arbeite als Zahnärztin, trainiere zwei bis drei Mal am Tag. Während der Saison sind die Tage schon sehr vollgepackt. Umso mehr genieße ich die zwei bis vier Wochen Saisonpause. Da bleibt auch mal Zeit, ausgiebig zu kochen oder Kuchen zu backen. Oder auch mal gar nichts zu tun und am Handy abzuhängen.

Saisonpause heißt für mich aber nicht, bewegungsfaul zu sein. Das würde nicht meinem Naturell entsprechen. Wobei Bewegung für mich auch heißen kann, dass ich mich an einem schönen Spätsommertag auf mein SUP stelle. Ich nutze die Zeit auch gerne für Klettersteige oder Wanderungen.

Ich muss zugeben, dass ich während der Saisonpause nicht ganz auf die drei Triathlondisziplinen verzichten kann. Auf das Schwimmen noch am ehesten. Joggen gehe ich dagegen ab und zu. Das sind dann jedoch eher Genussläufe. Und ich fahre sehr oft und sehr gerne mit dem Mountainbike. Zum Start der Vorbereitung nehme ich mir immer vor, an Schwächen zu arbeiten. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt dafür. Schließlich habe ich in dieser Phase der Saison den geringsten Zeitdruck. Es ist ja nicht schlimm, wenn ich die Einheit etwas langsamer absolviere und dafür auf die

Technik achte.“

 

Udo van Stevendaal auf dem Podium der European Championships

UDO VAN STEVENDAAL

Der 54-Jährige startet international für die deutsche Altersklassen-Nationalmannschaft und hat mehrere internationale Titel geworden. Zuletzt wurde er in München Europameister auf der Sprintdistanz.



„Ich bin am Ende der Saison nicht nur körperlich kaputt, sondern vor allem mental ausgelaugt. Die mentale Ermüdung kommt daher, weil es mir immer sehr gut gelingt, mich auf die Wettkämpfe zu fokussieren. Das ist zwar zielführend, aber auch sehr anstrengend. Die sechs Wochen nach dem letzten Wettkampf trainiere ich nur nach Lust und

Laune, um mich körperlich und geistig zu erholen. Nichts zu tun, ist für mich keine Option, dafür bin ich zu sehr ein Bewegungsjunkie.

In diesen sechs Wochen versuche ich, überhaupt nicht an Triathlon zu denken. Erst gegen Ende dieser Phase beginne ich meine Saisonanalyse. Ich schaue, was in der vergangenen Saison gut lief – und vor allem, was nicht so gut lief. Nicht so gut verläuft bei mir in der Regel das Schwimmen, meine Schwachstelle.

Mit einem Trainer oder Experten versuche ich dann, zu analysieren, was ich technisch oder in der Trainingsgestaltung besser machen kann. In den circa acht Trainingswochen bis zum Jahresende mache ich beim Schwimmtraining Abstriche, was Umfang und Intensität angeht, um mich auf die Technik zu konzentrieren. Ein richtig guter Schwimmer werde ich allerdings nie werden. Die ersten drei Wochen des Wintertrainings stehen im Zeichen des Wiedereinstiegs. Intensität und Umfang sind niedriger. Erst in der vierten Woche steht beim Laufen erstmals Intervalltraining auf dem Programm.“

Carolin Lehrieder läuft.

CAROLIN LEHRIEDER

Die 33-Jährige ist als Profi auf der Langdistanz unterwegs und hat unter anderem 2021 Rang sechs bei den Ironman 70.3 European Championships erreicht.



„Es fällt mir im Herbst nicht immer leicht, eine Trainingspause zu machen. In vielen Fällen würde ich gerne weiter trainieren. Entweder weil das letzte Rennen schlecht lief und ich direkt an meinen Schwächen arbeiten möchte oder weil das letzte Rennen gut lief und ich supermotiviert bin, direkt weiterzumachen. Dabei sind eine Auszeit und das damit verbundene Abschalten wichtig, vor allem um den Kopf freizubekommen.

Das Komische ist: Am Anfang der trainingsfreien Zeit fällt es mir schwer, mich an die Pause zu gewöhnen, mit der (Trainings-)Routine zu brechen und loszulassen. Am Ende

ist es dann gar nicht so leicht, wieder den Einstieg zu schaffen, weil ich mich doch schnell daran gewöhne, mehr Zeit für Dinge neben dem Sport zu haben und das genieße.

Ich halte nichts von einer strengen Vorgabe, in der Off-Season komplett auf die drei Triathlon-Disziplinen zu verzichten. Ich gehe zwei- bis dreimal die Woche locker für 30 Minuten laufen, da dies meiner Meinung nach der Verletzungsprophylaxe dient.

Ab und zu schnappe ich mir auch mal das Rad, um zu einer Eisdiele zu fahren, aber als Training würde ich das nicht bezeichnen. Ich finde, es ist in der Off-Season gar nicht so entscheidend, was ich tue beziehungsweise was ich nicht tue. Vielmehr ist es wichtig, nach dieser Phase vom Körper und vom Kopf her wieder bereit für eine lange,

mehrmonatige Vorbereitung auf die nächste Langdistanz zu sein. Das wäre dann auch mein Tipp für die Leserinnen und Leser: Macht, was Euch nach einer langen Saison guttut und lasst Euch von Eurem Gefühl leiten – die nächste Saison wird wieder lang!“